Western Africa
hallo leute,
wiedermal überfällig, aber wie immer rechtzeitig. nun, blogschreiben ist vielleicht nicht wirklich meine stärke. aber ich werde mir mühe geben.
natürlich ist unendlich viel passiert seit dem letzten eintrag. viel mehr als ich hier schreiben kann.
ich bin gerade in lagos/nigeria. und es geht mir gut. ich bin keinesfalls im drogensumpf versackt.
ich bin hier wiedermal gestrandet. das passiert mir immer dann wenn käthi zicken macht und ich daraufhin krank werde. nie was wirklich ernstes, aber immer infektionen. einmal im knie, einmal unspezifisches unwohl sein mit leichtem fieber und nun eine ohrenentzündung. lästiger scheiß, aber immer sachen die ich durchaus ernst nehme. war beim örtlichen doktor, 2 große spritzen in den hintern, tropfen und pillen sollen die sache jetzt in den griff kriegen. langsam klingt das ganze jetzt ab...
lagos hat irgentwie nichts wirklich schönes. das sehenswerte ist das leben an sich in dieser stadt. mehr als 10mio einwohner, keiner weiß wieviel, aber jedes jahr werden es 1 mio mehr. zum ersten mal in west-afrika sehe ich so etwas wie slums. nicht diese großen no-go-areas wie in cape-town oder nairobi, aber dennoch armselige behausungen mit holz, wellblech und plastikfolie. auch zum ersten mal sehe ich diese entsorgungsbetriebe, in denen unser alter schrott einer wiederverwertung zugeführt wird. das macht man für autos, unterhaltungselektronik, haushaltselektrik, computer, handys und ähnliches. alles was wir teuer entsorgen müssten und wird entweder gangbar gemacht oder seiner wertstoffe beraubt. der krempel kommt schiffslandungsweise aus europa.
käthi machte schlecht definierbare probleme in der elektronik. es dauerte doch eine weile bis ich dahinter kam, dass die batterie ursache dieser nervigen zickereien war. zuerst musste ich ein multimeter finden (meins hatte mir jemand in gambia entwendet), was dann meine ersten 2 heißen fahrten mit dem moto-taxi zum zentralen markt für elektronik in lagos waren. das ist ein abenteuer der besonderen art. eine hungrige löwenherde ist vermutlich nicht gefährlicher.
der verkehr ist schlicht und einfach die hölle. eine aktive teilnahme daran am besten mit selbstmöderischer wahnsinn umschrieben. nun, ich habe neapel, istambul oder casablanca überlebt und werde auch dieses chaos überleben.
käthi hat nun 2 batterien a 7ah.die 2.hängt innen am gepäckträger. eine afrikanische lösung, die aber wunderbar funzt. aber ich habe das starke gefühl, dass die benzinpumpe (die dritte!!) nicht mehr genug druck bringt. die 2. starb in guinea-bissau vor ein paar monaten.
bissau ist ungefährt die abgefuckeste stadt, die ich bislang gesehen habe. das traurigen wahr(!)zeichen dieser stadt:
der präsidentenpalast mit abgefackeltem dach und einschusslöchern.
allerdings hat dieses kaff auch unleugbaren charme und je länger ich hier verweile, desto schwerer fällt mir der abschied. ich habe mich richtig gut eingelebt.
erstmal war ich allerdings geschockt. ich habe viel armut gesehen auf dieser reise aber das hier topped alles locker. und zum ersten mal geht es mir auch richtig nahe. ich habe einen heiden respekt vor diesen menschen, ihre strategien fürs überleben, wie sie unter oft unsäglichen zuständen ihre würde erhalten.
die müllabfuhr funktioniert folgenweise: aller abfall wird praktischerweise gleich ums eck auf der strasse auf einen haufen geschmissen. dieser wird dann wechselweise von kindern, hunden, katzen, ratten, schweinen und alten frauen nach verwertbaren durchsucht. alle paar wochen kommt dann ein lkw und lädt den rest auf. zwischendrin zündet einer das ganze auch mal an, was zu schrecklich stinkenden schwelbränden führt.
hier sind gerade die geier dran.
ich fuhr dann zurück nach gambia, weil ich mich besonders gesund fühlte und meine kinder mich sicher nicht in afrika besuchen würden, bin ich dann nach deutschland geflogen über den veregneten sommer. das war nicht nur ein krasser kälteschock.
nach ein paar wochen kam ich dann zurück zu meinem bike. ich hatte doch einiges an problemen mich wieder zurecht zu finden in europa.
ich bin dann mit einem norweger namens morten weiter gefahren. die straßen in guinea sind nicht wirklich gut ausgebaut, so waren wir doch froh diese route nicht allein zu fahren. aber das waren 200km endurofahren vom feinsten. alle fotos, auf denen ich zu sehen bin (und noch ein paar mehr!) stammen natürlich von morten.
hat riesigen spaß gemacht. ich bin dann wieder allein weiter über bamako/mali, burkina faso, togo, benin nach nigeria gekommen. hier in lagos gibt es keine unruhen. die sind irgentwo im norden und da wollte ich eh nie hin. die menschen sind hier freundlich wie überall in west-afrika. zuerst werde ich ungläubig bestaunt, dann mit freundlicher neugier zugeschüttet. ich verbringe weihnachten und new-year mit einer nigerianischen familie, die hier ein kleines blitzsauberes restaurant betreiben. die party am 25. am einem der beaches von lagos kann sich sehen lassen. mich bremst zwar meine ohrenentzündung in dem von -grob geschätzt 120db- weitläufig beschallten areal. da die police -durchaus geschäftstüchtig- einen checkpoint errichtet hat, gibt es kilometerlange staus auf der einzigen zufahrtstraße.. die volksseele kocht ob 1000 naira (ca. 5) für dir zufahrt. aber straßenraub ist hier das tägliche business der polizei.
ich habe schon in so manchen lauf einer kalaschnikov geschaut. viele finstere jahre in noch finsteren gefängnissen wurden mir angedroht und nur bei zahlung einer gewissen summe -immer from your hard- ließe sich solch ungemach verhindern. es braucht schon eine gewisse nervenstärke um in stundenlangen verhandlungen die summe von 5000 auf 5 herunterzuhandeln. aber irgendwann ist das ganze nur noch schrecklich ermüdend.
mein blick auf afrika hat sich dramatisch gewandelt seit meiner reise. sowas bleibt natürlich nicht aus. und es sind durchaus schmerzhafte prozesse ein neues, besser passendes weltbild zu erschaffen. aber ich bin vielleicht einer der wenigen optimisten bzgl. afrika. wer jemals das leben auf einem markt in afrika erlebt hat, weiß daß sich hieraus etwas entwickeln wird. eine zukunft für diese menschen. allerdings wird das wohl noch ein bisschen dauern.
leute wenn ihr einen blog wollt muss ich jetzt aufhören. keine ahnung wann ich mal wieder
ein schnelles internet finde. macht euch keine sorgen falls ihr mal eine weile nichts hört von mir.
ich wünsche euch allen ein frohes neues jahr.
melde mich bald wieder...
viele grüße
jens